Mitbe-Wohnung - Die ewige Frage
Karl-Heinz und ich gehen durch den Park. Es ist angeblich ein sehr schöner Tag, denn die Sonne scheint. So ist der Park sehr belebt. Kinder spielen, Eltern schieben Kinderwagen, Senioren sitzen auf Parkbänken und werfen Brotkrümel auf den Boden, sehr zur Freude der Tauben, die dort herumwuseln. Karl-Heinz stupst mich an. „Schau mal, die Tauben.“ „Ja?“, versuche ich seinen Gedanken zu folgen. „Wie sie dort herumgurren auf der Suche nach Futter.“ „Ja, das machen die“, sage ich. „Mehr aber eben nicht“, erwidert Karl-Heinz, „Warum sind die also hier? Anderes Beispiel: Im Urlaub habe ich am Strand Quallen beobachtet. Die leben einfach so vor sich hin. Wahrscheinlich wissen sie selbst nicht einmal, dass sie überhaupt existieren. Es ist ihnen völlig egal. Alles ist ihnen völlig egal.“ „Ach, du warst also am Meer“, murmle ich, endlich um Karl-Heinz’ Urlaubsort wissend. „Bei den Tauben ist es ähnlich“, ignoriert Karl-Heinz meine Anmerkung. „Ich frage mich, ob es ihnen gut geht, ob sie froh sind. Zumindest nicken sie immer bejahend.“ „Mh“, sage ich. „Im Zweifel geht es den Tieren besser als manch einem von uns, denn wir sind uns unserer Agonie des Alltags bewusst. Wir sind ständig auf der Suche nach dem großen Glück und frustriert, wenn unser Telefon veraltet ist. Menschen in weniger entwickelten und technisierten Kulturen sorgen sich nicht um solcherlei Dinge, sondern überlegen sich lieber, wie sie möglichst nicht erfrieren oder verhungern. Die kommen aber auch klar. Ich behaupte, die Leute sind nicht unglücklicher als wir. Sie haben keine Zeit, um über unsere Luxusprobleme zu sinnieren. Und so eine Taube muss nur darauf achten, dass die Parkbänke immer schön eingesaut sind. Das ist es, was sie bestimmt. Sie haben nicht die Fähigkeit, über den Tellerrand zu blicken und sich zu fragen, ob da noch mehr ist, nach dem es zu Streben gilt.“ „Interessant“, sagt Karl-Heinz nachdenklich. „So betrachtet ist die menschliche Intelligenz eher ein Fluch als ein Segen.“ „Nur sind einige ja glücklicherweise nicht verflucht, wenn man die genauer kennen lernt“, trage ich bei. „Das stimmt“, sagt Karl-Heinz. Habe ich den Herd eigentlich ausgemacht?