In der echten Welt

Am in «Geschichten» von maik
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Ich laufe durch die Massen. Menschen. Überall Menschen. Ich laufe einfach hindurch. Geradeaus. Niemand sieht mich, ich sehe niemanden. Als würde ich gegen den Strom schwimmen, treiben sie um mich herum. Viele Taschen, viele Smartphones. Ernste Gesichter. Schweres Atmen. Rauch steigt auf. Blinkende Schilder an der Seite. Hupen. Dröhnen. Taxis fahren vorbei. Niemand hat irgendeine Art Emotion im Gesicht. Jemand hetzt mit einer Box mit Bratnudeln an mir vorbei. Dieser süßsaure Geruch. Noch mehr Taxis.

Doch da. Da sehe ich jemanden. Ich sehe tatsächlich jemanden. Einen Mann mit Mantel. Sein weißes Haar ist frisiert und zurückgekämmt. Er trägt eine schwarze Brille, durch die er mich mit durchdringendem Blick ansieht. Er sieht mich an. Als einziger sieht er mich an. Ich gehe langsam weiter. Um mich herum wirkt auf einmal alles ruhig und langsam. Er hält weiter Augenkontakt. Dann sagt er mit eindringlichem Ton: „In der echten Welt träumt man nicht.“ Ein Fahrradfahrer zwischen uns. Ich weiche aus. Beinahe hätte er mich gestreift. Doch wo ist der Mann? Er ist weg. Gerade eben stand er noch da und sah mich an. Da ist niemand mehr. Nur noch die strömenden Massen. Sonst niemand. Ich bleibe eine Weile stehen und lasse mich umströmen. Dann gehe ich weiter. Ich habe schließlich auch noch viel zu tun.